von Matilda von Lengerke.
Prolog:
Ein Knall, es dreht sich die abgeranzte Kulisse der Schultoilette vor meinen Augen. „FUCK“ - mein Kopf schmerzt extrem, ich bin volle Kanne gegen den Spülkasten geknallt. Ich halte den Atem an und versuche ruhig zu bleiben, „alles wird gut, alles wird gut“, ein Mantra, welches mich davon abhält auf die vergilbten Fliesen zu sinken. Noch ein Knall deutlich lauter, ein Schrei, meine Armhaare stellen sich auf, ich zittere, der Schweiß verklebt meine dreckigen Hände während ich hastig versuche über eine abgeschlossene Klotür hinweg zu klettern. Ein kleiner Junge blickt mich mit aufgerissenen Augen an: „Schau weg du Wichser“. Er wimmert, ich lasse mich wieder auf die Klobrille sinken und versuche gerade sitzen zu bleiben. Durch das Klappfenster oberhalb der Toilette hört man Sirenen, eine Lautsprecherdurchsage: „Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus“, noch ein Schuss, man hört gehetzte Schritte in das Bad kommen. Lautere Schritte folgen, die Badtür fliegt auf, „ergeben Sie sich, Sie haben keine Chance mehr zu entkommen.“ Ich höre, wie jemand an der Tür rüttelt, ich sehe schwarze Schuhe, ein Schuss, dann wird mir schwarz vor Augen…
Eine Nacht wie jede andere
Ich öffne langsam meine Augen und sehe meine Schwester vor meinem Bett stehen. „Alles gut bei dir? Du hast geschrien.“
„Ich hatte ihn wieder, den Traum“
„Willst du, dass ich bei dir bleibe?“
„Nein, lass mich in Ruhe, GEH, ich habe gesagt lass mich in Ruhe!“
Meine Schwester verlässt den Raum, Tränen steigen mir in die Augen, ich wische sie hastig weg, und vergrabe meinen Kopf im Kissen. Mir wird heiß und ich bekomme Herzrasen. Ich habe das Gefühl genau jetzt wieder im engen Schulklo gefangen zu sein und mich um mein Leben zu sorgen, der Schuss, ich sehe wieder die Konturen meines Zimmers, der Schreibtisch, der Schrank. Ich atme langsam ein 1, 2, 3, 4 und wieder aus 1, 2, 3, 4, das Herzklopfen wird weniger und mir wird schlecht, ich renne ins Bad. Der intensive Geruch von Erbrochenem steigt mir in die Nase, ich gucke erst gar nicht mehr hin, lass den Klodeckel zu fallen und drücke die Spülung. Ein Bellen, ich öffne kurz die Badezimmertür und rufe unserem Hund entgegen, dass er wieder schlafen gehen soll. Wie jede der letzten Nächte, nachdem ich mich übergeben habe, wasche ich mir mein Gesicht mit kaltem Wasser und putze mir kurz die Zähne. Mittlerweile mache ich das vor dem Schlafengehen schon gar nicht mehr, da ich weiß, dass ich nachts eh wieder aufwachen werde. Durch den langen dunklen Flur gehe ich zurück in mein Zimmer und lasse mich auf die Bettkante sinken, ein Poster vom anderen Ende des Raumes scheint mir auffallen zu wollen, da hat sich doch etwas bewegt, ich blinzle kurz, aber alles scheint wieder normal zu sein. Messi hängt unberührt an meiner Wand, starr wie sonst auch.
2 Wochen später
„Nein“
„Doch das war mein letztes Wort, du wirst dich gefälligst benehmen, ansonsten kannst du es vergessen, dass du nächste Woche zu dem Spiel gehst!“
Ich knalle die Wohnzimmertür zu, meine Mutter seufzt genervt.
„Die Tür kann nichts für dein absolut inakzeptables Verhalten.“
Mein Orangensaftglas wackelt gefährlich stark in meiner Hand, schnell renne ich die Treppe hoch und verschwinde in meinem Zimmer, ein Blick auf den Wecker, halb acht. Ich nehme mir meine Sporttasche notdürftig umfunktioniert als Schultasche, und warte vor dem Haus darauf, dass meine Schwester Taylor aus dem Haus kommt. Taylor und unsere Cocker Spaniel Hündin kommen aus dem Haus, und wie immer sieht meine ältere Schwester perfekt aus, das Haar perfekt gebunden und alle Kleidungsstücke perfekt aufeinander abgestimmt. Sie verdient die Aufmerksamkeit der ganzen Mitstudenten eindeutig, doch hat es auch oft einen nervenden Faktor, wenn sie jede zweite Nacht mit einem anderen nach Hause kommt, wenn ich einfach nur meine Privatsphäre genießen möchte und dann auf einmal ein fremder Typ im Bad steht, und behauptet er würde gerne eine Dusche nehmen. Erstens redet heutzutage keiner noch so, auch Psychologie Studenten sollten das wahrnehmen, und zweitens ist es immer noch mein Bad! Nur weil bei meiner Schwester alles voller Make-Up und Klamotten ist, heißt es nicht, dass mein Bad auf einmal zu einer Sanifair Einrichtung wird, sie könnte ja einfach mal aufräumen…
Egal, das Auto fährt vor und wir steigen hinten in den Mercedes ein, Stuart, unser britischer Chauffeur, stellt leise Musik an, er hat ein gutes Gespür dafür wann ich in der Lage bin eine zivilisierte Konversation zu führen und das ist heute eindeutig nicht der Fall. Wir fahren vom Anwesen und die Straße Richtung Innenstadt, ein großes helles Gebäude fliegt an uns vorbei, meine Miene verdunkelt sich: Die Amadeus Mozart Privatschule, der größte Haufen Scheiße auf Erden. Ich ging bis vor einem halben Jahr auf die Schule, doch das Anzünden von Mülltonnen im Chemieraum und das Verprügeln des Schulleiters hilft nicht sonderlich dabei auf einer der teuersten Privatschulen Deutschlands zu bleiben.
Jetzt gehe ich also auf eine staatliche Schule, um genau zu sein auf eine Stadtteilschule im Bezirk Kreuzberg, wie meine Eltern sagen würden „Eine Schule für Versager mit Versager-Eltern“, was sie ihrer eigenen Meinung nach absolut nicht seien, da sie diejenigen sind, die auf einem riesigen Anwesen wohnen und ich der therapiebedürftige Sohn mit Aggressionsproblemen. Dafür ist eine Schule mit häufigen Schießereien allerdings auch nicht gerade vorteilhaft. Vor exakt 23 Tagen gab es einen Amoklauf an meiner Schule bei der mehr als 20 Schüler schwer verletzt worden sind, es war - wie würde man am besten sagen - eine Erfahrung, auf die ich auch hätte verzichten können.
Ich bin mittlerweile schon mit einem anderen Nachnamen unterwegs… ob es daran liegt, dass sich meine Eltern die Scham nicht antun, möchten mit einem Sohn in Verbindung gebracht zu werden, der einen Notenschnitt von 5,2 hat und zum dritten Mal in die elfte Klasse geht? Oder ob es wirklich daran liegt, dass sie mich schützen wollen (bezweifle ich außerordentlich stark).
Jeder Schultag läuft bei mir gleich ab. Ich betrete den Raum, es wird still, ich gucke böse, alle reden weiter, ich setze mich in die letzte Reihe, setze mir Kopfhörer auf und lasse das endlose Gerede meiner Lehrer über Zinsrechnung und so einen Quatsch an mir vorbeifliegen. Am Ende der 8 Stunden verschwendeter Lebenszeit lasse ich mich wieder abholen und verschwinde, sobald ich zu Hause bin, wieder in meinem Zimmer bzw. im Kraftraum im Keller. Ich entziehe mich seit circa einem Jahr allen menschlichen Kontakten und versuche so oft wie möglich nicht zum Denken zu kommen. Deswegen trainiere ich im Keller und lenke mich mit gnadenlos schweren Gewichten ab. Was mich allerdings heute beim Bankdrücken immer wieder abschweifen lässt, ist der Punkt, dass ich bald mein Zimmer teilen muss, nicht mal mit einem Familienmitglied, sondern mit einem fremden Jungen, einem Flüchtling. Meine Eltern sind der Meinung, dass es sehr bedeutend sei zu zeigen, dass wir offen für alle sind, was ein Bullshit! Ich scheiße auf Offenheit, ich will einfach alleine sein, und nicht von irgendeinem fremden Jungen genervt werden, der es nötig hat bei fremden Menschen zu wohnen. Morgen soll er kommen, meine Mutter hat schon einen Möbeldienst in mein Zimmer geschleust, um es für zwei Jungs „schön“ zu machen. Mein Zimmer ist eh schon das kleinste von allen im Haus, das ist der Grund, warum ich jedesmal zum Trainieren in den Keller muss, weil ja meine Eltern der Meinung waren, dass ihre Bibliothek bedeutender sei als das Zimmer ihres Sohnes - aber das Thema, wie wichtig ich meinen Eltern bin, habe ich schon abgelegt. Der Südafrikaner sei wohl genauso alt wie ich und überdurchschnittlich intelligent, meiner Meinung wohl neben der PR wohl der einzige Grund für meine Eltern, ihn bei uns unterzubringen. Das Einzige, was ich sonst noch über ihn weiß, ist, dass er Jason heißt und eigentlich schon studiert, was allerdings durch die Sprachumstellung hier deutlich schwieriger ist, deswegen meinte meine Mutter, dass ich ihn unter meine „Fittiche“ nehmen soll, WTF. Ich darf nun also derjenige sein, der die ganze Arbeit übernimmt. Ich soll ihm also die Schule zeigen und auch noch mit ihm Essen gehen.
Nächster Tag
Piep Piep, mein Wecker klingelt und nachdem ich wie die letzten Nächte nachts aufgewacht bin, wache ich nicht ganz aus dem Tiefschlaf auf, weshalb ich direkt erstmal mein Kissen gegen das neue Bett in der anderen Zimmerecke pfeffere. Ein Blick auf die Digitalanzeige, 4:30 Uhr. Dank meinem neuen Bewohner dürfen wir schon um halb fünf aufstehen, um ihn vom Flughafen abzuholen. Unten höre ich schon reges Treiben meine Schwester wie sie sich beschwert, dass kein Tofu mehr da ist und mein Vater der sagt, sie solle einfach etwas von seinem Speck essen, verstehe ich alles nicht, wie kann man so früh morgens schon etwas runterkriegen, egal ich gehe also in die Küche und nehme mir einen Joghurt einfach damit meine Mutter sich zufrieden gibt. Schnell verschwinde ich im Keller um noch ein bisschen Aggressionen abzutrainieren, STOPP was ist das, meine Kraftgeräte sind alle in eine Ecke geschoben und ich kann nicht glauben was da steht, ein Fucking Klavier, was soll die Scheiße denn. Ich schreie laut: „WER WAR DAS!“ Meine Mutter kommt langsam die Kellertreppe herunter und versucht einen neutralen Gesichtsausdruck drauf zu behalten, was mich allerdings nur noch wütender macht. „WAS SOLL DAS, REICHT ES EUCH NICHT SCHON DASS IHR MIR BIS JETZT SCHON FAST ALLES MÖGLICHE WEGGENOMMEN HABT, ERST MEINE GITARRE DANN MEINE GANZEN BÜCHER UND JETZT WOLLT IHR MICH NICHT MEHR TRAINIEREN LASSEN SONDERN LIEBER TAYLOR EIN KLAVIER KAUFEN?“ „Zügle dich Ed.“ Sie schaut mich nicht einmal mehr richtig an, „KANNST DU MIR NICHT MEHR IN DIE AUGEN GUCKEN, WEIL DU BEFÜRCHTEST, DASS DU DANN DEINEN GRÖßTEN FEHLER SIEHST?!“ „Das Klavier ist nicht für deine Schwester, sondern für Jason.“ Alles kocht in mir hoch, ich nehme alles nur noch durch einen Nebel voller Wut und Traurigkeit wahr, ich merke wie ich auf das kleine Kellerfenster zusteuere und mit voller Wucht meine Hand im Glas versenke, ich höre weit entfernt ein Klirren, ein Schmerz an meinen Fingergelenken macht sich bemerkbar aber nicht für lange, ich renne auf meine Mutter zu voller Wut, da packt mich eine Hand abrupt werde ich zurückgeschleudert. „Komm runter Mann.“ Die tiefe Stimme meines Vaters dringt nur dumpf zu mir durch, ich winde mich aus seinem Griff und sprinte die Vielzahl an Treppenstufen hinauf, bis ich in meinem Zimmer ankomme, ich will mich eigentlich aufs Bett werfen, doch auf einmal sehe ich wieder die neuen Möbel, der Nebel verdichtet sich wieder und schnell lasse ich mein verfremdetes Zimmer zurück und schließe mich im Bad ein.
2 Stunden später
Ich höre ein Auto vorfahren, und circa eine Stunde später sitzt mir gegenüber, ein großer Junge mit dunklen lockigen Haaren, und einem freundlichen Gesichtsausdruck. Ich blicke ihm feindselig in die Augen und was macht er? Er lächelt, ich schnaufe, drehe mich genervt um und greife zu meinem Nachttisch, nehme mein Tablet und schalle mich mit meinen Kopfhörern vom Rest der Welt ab. Am Abend gibt es Pfannkuchen, mir ist das alles egal, ich esse gar nicht und gebe auch kein einziges Wort von mir. Später am Abend rufe ich mir ein Taxi und fahre zu einem Fitnessstudio in der Innenstadt, ich habe keine Lust in einem Raum in meinem Haus zu trainieren in dem ich weniger willkommen bin als ein fremder Junge. Nach dem anstrengendem Training und einer eiskalten Dusche warte ich draußen auf den Bus als es auf einmal anfängt wie aus Eimern zu regnen. Schnell stelle ich mich unter dem Vordach einer geschlossenem Autowerkstatt unter und höre vertieft meine Musik, einfache Gitarrenklänge, man würde es mir nicht glauben, aber ich liebe Country Musik. Ich habe lange selbst Gitarre gespielt, aber nach meinem Ausraster an der alten Schule haben meine Eltern sie mir weggenommen. Jetzt kann ich nur noch im Kopf spielen, wenn ich ein Lied höre spiele ich im Kopf immer mit. Akkorde oder Melodien je nachdem wie gut ich das Lied kenne. Mein Lieblingslied ist mir beinahe peinlich, von der jungen Country Sängerin Taylor Swift „Fearless“. Ein Lied, was ich nicht nur von der Melodie her mag, sondern auch die Message. Naja, auf jeden Fall geht um mich herum gerade die Welt unter, während ich im Kopf im Sonnenuntergang an meinem Balkon Gitarre spiele, bis ich auf einmal angerempelt werde. „Oh sorry.“ Ich blicke mich böse um und schaue in die mandelfarbigen Augen eines dunkelhäutigen Jungens, Jason, was will der denn. Ich fange erst gar nicht an wütend zu werden, ich ignoriere ihn einfach. „There something about the way, the street looks when it´s just rained.“ Durch die Musik hindurch nehme ich nur schwach eine Stimme wahr, egal, jetzt ein Tippen an meinem Arm, ich fahre herum, „Was?“, blaffe ich ihn an. Er zeigt nur auf den Bus ich steige ein, ohne ihn nur mit einem einzigen Blick zu würdigen. In der Nacht wache ich wieder auf und renne ins Bad, ich bemerke nicht wie Jason alles beobachtet. Er hat die erste Nacht gar nicht geschlafen, wie er mir später erzählen wird. Am nächsten Morgen als ich aufwache, sieht er mich seltsam durchdringend an, ich werde etwas unsicher, was weiß er. Als ich unten ankomme und dabei auf meinem Handy nachgucke, ob ich heute irgendwelche Vertretungsstunden habe. Ein Blick auf den Stundenplan, Entfall, der ganze Tag, Geil. Ich kehre direkt wieder um in mein Zimmer. Meine Mutter ruft mir hinterher: „Jason kommt heute noch nicht mit zur Schule, er bewirbt sich für ein Mathe Stipendium, „Ist mir doch egal.“ Genervt gehe ich wieder zurück in mein Zimmer, auf einmal sehe ich etwas was mein Herz schneller schlagen lässt, eine Gitarre. Neben Jasons Bett gelehnt steht eine Gitarre. Ich renne kurz hinunter um zu gucken ob noch jemand da ist, alle weg. Mein Vater in der Kanzlei meine Mutter bei irgendeinem PR Event und meine Schwester an der Uni. Ich spüre wie sich etwas in meinem Körper ausbreitet, dass ich lange nicht mehr gespürt habe, ein warmes Gefühl. Schnell greife ich mir die Gitarre und stimme sie. Berauscht durch das Gefühl endlich wieder mein Lieblingsinstrument in den Händen zu halten, fange ich direkt an zu spielen, eine Reihe von Country Liedern fliegen nur so durch den Raum, die Zeit rast an mir vorbei, und so bemerke ich erst gar nicht wie ich 4 Stunden am Stück, einfach nur auf meiner eigentlich echt unbequemen Bettkante sitze und Gitarre spiele. Leise summe ich die Melodien mit, plötzlich bemerke ich wie eine leise Stimme mitsingt. Jason der Arsch hat sich reingeschlichen, und denkt er könnte mitsingen, doch irgendwie kann ich nicht ausrasten es ist so als würde mich das sechssaitige Instrument in meinen Händen davon abhalten. Er singt mit mir mein Lieblingslied und obwohl ich es nicht zugeben möchte, macht er das erstaunlich gut, er hat eine sanfte Stimme voller Licht. Nach dem Lied ist es unangenehm still, er lächelt mich einfach wieder an. Ich schaue lieber schnell weg, lege die Gitarre wieder zurück und verschwinde im Bad. Am Abend will ich trainieren gehen, vergesse aber, dass mein Kraftraum ja umfunktioniert worden ist, zu einem Klaviersaal, als ich unten ankomme, will ich eigentlich wieder umkehren höre aber leise Akkorde. „Fearless“. Ich betrete den Raum und sehe mich kurz um. Hinter dem Klavier sieht man nur dunkle Locken, war ja klar denke ich mir, und gehe. Doch ich will nicht aus dem Keller verschwinden vor der Tür setzte ich mich hin und höre dem leisen Klimpern der Tasten zu, er spielt schön, wieder ein ungewöhnliches warmes Gefühl in meinem Körper, sofort werde ich nervös, was geht in mir vor. Als ich am Abend in mein Zimmer komme, nehme ich mir die Gitarre und spiele ganz leise und träume mich ganz weit weg, nach Amerika oder so, einfach weg hier. Jason kommt in den Raum und hat etwas in seiner Hand, ein Gitarrenkasten, er sieht aus wie der meiner alten Gitarre, ich gucke skeptisch. Er legt ihn einfach nur neben mir auf das Bett. Ich schaue ihn durchdringend an, er geht, wohin auch immer, mir egal. Ich lege sofort seine Gitarre neben mir ab und öffne den Gitarrenkoffer, doch bevor ich ihn ganz aufmache weiß ich, dass es meine ist, ich spüre die Kerben auf dem Lack des Koffers, als wäre es gestern gewesen, an dem ich die Kratzer begutachtete, als sie mir runtergefallen ist. Ich hebe den Deckel vorsichtig an, und da ist sie. Dunkles Birkenholz und 12 Saiten, keine normale Gitarre, eine besondere mit einer Seele. Als ich die erste Saite anschlage, ist es, als wäre sie nie weggewesen, kein bisschen verstimmt liegt sie mir so leicht in der Hand, dass ich vergesse, wo ich gerade bin was ich überhaupt mache, wer ich bin oder wie spät es ist ich spüre nur die Musik durch meinen Körper strömen. Voller Energie.
Am nächsten Morgen
Ein Lichtstrahl fällt auf mein Gesicht, ich blinzele, ein ungewohntes Kribbeln breitet sich in meiner Nase aus, ich niese. Langsam setze ich mich auf, wie spät ist es? Ein Blick zum Wecker, 6:14, fürs Wochenende eine ungewöhnliche Zeit, um aufzuwachen. Stopp, im Kopf spule ich die Nacht zurück. Ich bin eingeschlafen, nachts um Punkt 00.00 Uhr aufgewacht, weil mein Hals trocken war, wieder eingeschlafen, und jetzt bin ich wach. Ich bin nicht aufgewacht diese Nacht! Ich habe mich nicht übergeben! Ich habe keine Panikattacke bekommen! Ich habe durchgeschlafen! Schnell begebe ich mich in die Küche und nehme mir einen Joghurt aus dem Kühlschrank und gehe zum großen Panorama Fenster neben dem Klavier. Ich sehe raus, und da steht er, auf der von Tau bedeckten Wiese, nur im T-Shirt und einer Barcelona Hose, hüftbreit und nahezu starr. Er blickt über den See hinweg und ich kann sein Gefühl nachempfinden, ein Gefühl voller Wehmut, Fernweh und Dankbarkeit. Er dreht sich um und schaut zu mir nach oben, als hätte er meine Anwesenheit gespürt, blickt mir tief in die Augen und lächelt. Ich spüre, wie sich das warme Gefühl wieder in meinem Körper ausbreitet, und ein kleines spärliches Zucken umspielt meine Mundwinkel, zum ersten Mal seit 398 Tagen lächele ich wieder.
Epilog:
Das ist das Ende der Geschichte die auf 6 Seiten reduziert werden musste ...
Kommentar schreiben