von Levin Serindag.
In einer lauen Sommernacht standen Ben und Paul vor ihrem Zelt und beobachteten den funkelnden Sternenhimmel. Ben, der muskulöse und sportliche Typ, war nie der Hellste in der Schule gewesen, aber das machte ihm nichts aus. An seiner Seite stand Paul, sein bester Freund seit Kindertagen. Paul war das genaue Gegenteil: ein bisschen pummelig, aber unglaublich schlau. Die beiden ergänzten sich perfekt, und seit sie sich in der Schule kennengelernt hatten, waren sie unzertrennlich. Nun waren sie auf einem Campingausflug mit ihrer Klasse – doch der Abend würde ganz anders verlaufen, als sie ihn sich vorgestellt hatten.
Es war bereits spät, und der Rest ihrer Gruppe hatte beschlossen, eine Nachtwanderung zu machen. Ben und Paul hatten sich stattdessen entschieden, am Lager zu bleiben.
“Ich hab doch gesagt, dass das nichts für uns ist”, grinste Paul. „Du willst ja eh nur schlafen.“ Ben lachte und warf sich auf den Boden. “Jupp, genau das habe ich vor.”
Plötzlich hörten sie ein Geräusch aus dem Wald. Es war leise, fast wie das Rascheln von Blättern im Wind. Doch es wiederholte sich, diesmal lauter, näher. Paul richtete sich auf. “Hast du das gehört?”, fragte er leise. Ben, der sich gerade entspannen wollte, winkte ab. “Das sind nur Tiere. Wir sind mitten im Wald, schon vergessen?”
Aber Paul war nicht überzeugt. Er stand auf, schnappte sich eine Taschenlampe und richtete den Lichtstrahl in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. „Wir sollten nachsehen“, sagte er bestimmt. Ben stöhnte. „Schon gut, Einstein. Dann lass uns das hinter uns bringen.“
Sie folgten dem Pfad, der tiefer in den Wald führte. Die Bäume warfen lange Schatten, und das Mondlicht reichte kaum, um den Weg zu beleuchten. Plötzlich entdeckte Paul etwas Seltsames am Boden. Es war ein Handtuch – eines, das eindeutig zu ihrer Klasse gehörte. „Das gehört doch Lisa“, sagte Paul und hob es auf. “Aber warum liegt das hier?”
Noch bevor sie sich darüber klarwerden konnten, hörten sie erneut ein Geräusch – diesmal war es eindeutig ein Schritt. Ben drehte sich abrupt um. “Wer ist da?” Keine Antwort. Aber die Stille war unheimlich. Paul griff nach seinem Handy, doch es gab keinen Empfang. „Wir sollten zurück“, flüsterte er. „Etwas stimmt hier nicht.“
Als sie zurückkamen, war das Lager leer. Die Zelte standen noch, aber von ihren Mitschülern fehlte jede Spur. „Wo zum Teufel sind die hin?“, fragte Ben nervös. Paul sah sich um und entdeckte frische Fußabdrücke im Boden, die in eine andere Richtung führten – abseits des eigentlichen Wanderweges.
Ohne lange nachzudenken, folgten sie den Spuren. Je tiefer sie in den Wald gingen, desto dichter wurde die Dunkelheit um sie herum. Das Gefühl, beobachtet zu werden, wuchs mit jedem Schritt. Plötzlich ein Schrei – kurz, schrill, dann war wieder alles still. „Was war das?“, rief Ben panisch.
„Wir müssen die anderen finden!“, sagte Paul mit zittriger Stimme. Sie liefen weiter, das Herz schlug ihnen bis zum Hals. Schließlich erreichten sie eine kleine Lichtung. Und dort, im schwachen Licht des Mondes, sahen sie eine Gestalt – eine dunkle, maskierte Figur, die etwas hinter sich herzog.
Es war ein Körper.
„Oh Gott“, flüsterte Ben. „Was… was ist das?“ Paul erstarrte. Die Gestalt drehte sich zu ihnen um, und obwohl sie das Gesicht nicht sehen konnten, spürten sie, wie ihre Haut vor Angst prickelte. „Lauf!“, schrie Paul und rannte los. Ben, obwohl normalerweise schneller, stand wie gelähmt da. Erst als Paul ihn am Arm packte, bewegte er sich endlich.
Die beiden rannten, so schnell sie konnten. Hinter ihnen hörten sie das laute, schnelle Trampeln von Schritten. „Er kommt!“, keuchte Ben. „Wir müssen ihn abhängen!“ Paul, der zwar nicht der sportlichste war, aber immer einen klaren Kopf behielt, rief: „Der Fluss! Wenn wir ihn erreichen, haben wir vielleicht eine Chance.“
Mit aller Kraft schafften sie es zum Ufer des Flusses, der am Rande des Waldes floss. Sie sprangen ins Wasser, und die kalte Strömung trieb sie weiter. Die Gestalt am Ufer blieb stehen, beobachtete sie eine Weile, und verschwand dann in der Dunkelheit.
Am anderen Ufer angekommen, atmeten Ben und Paul schwer. Sie waren erschöpft, durchnässt, aber am Leben. „Das war knapp“, sagte Ben und lehnte sich gegen einen Baum. „Zu knapp.“
Paul stand auf, obwohl er kaum noch Kraft hatte. „Wir müssen zurück zum Lager und die Polizei rufen.“ Doch als sie gerade losgehen wollten, hörten sie wieder Schritte hinter sich. Die Gestalt war zurück – und diesmal näher als je zuvor.
„Nein!“, schrie Paul und griff nach einem dicken Ast. „Das reicht!“
Der Angreifer stürzte sich auf sie, aber Paul, der immer mehr mit dem Kopf als mit der Kraft kämpfte, nutzte den Ast geschickt, um den Mörder zu Fall zu bringen. Ben, nun vollgepumpt mit Adrenalin, packte die Gelegenheit und überwältigte den Mann mit einem gezielten Schlag auf den Kopf.
Als er bewusstlos am Boden lag, zogen sie ihm die Maske vom Gesicht. Es war ihr Lehrer – Herr Krause. „Warum?“, stammelte Ben entsetzt. Doch es würde eine Weile dauern, bis sie die Wahrheit erfuhren.
Kurz darauf fanden sie den Rest ihrer Klasse, die gefesselt und in einem alten Schuppen am Rand des Waldes gefangen gehalten worden war. Gemeinsam schafften sie es, Herr Krause der Polizei zu übergeben, die die ganze Geschichte bald aufdeckte. Es stellte sich heraus, dass er seit Jahren ein Doppelleben geführt hatte und vorhatte, die Schüler für seine eigenen dunklen Zwecke zu benutzen.
Aber Ben und Paul hatten ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am Ende des Tages waren sie heil aus der Sache herausgekommen – dank ihrer Freundschaft, die sie stärker machte, als sie selbst je gedacht hätten.
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