Marta Miskiewicz
Die Situation in Syrien war sehr schwierig, es gab Bombardierungen Tag und Nacht und Überleben bedeutete letztendlich Tod.
Ich beschloss, auszuwandern und ging mit meiner Familie bestehend aus meinem Vater, meiner Mutter und meinem größer Bruder und meiner kleinen Schwester. Aus Syrien flüchtet man in die Türkei entweder mit dem Flugzeug oder mit dem Auto, um von dort aus die Reise nach Deutschland anzutreten. In der Türkei wurde man schlecht behandelt von der türkischen Polizei oder Schmugglern. Eine große Anzahl von Flüchtlingen wurde von der türkischen Polizei geschlagen und die Menschen wurden von der türkischen Küstenwache weit aufs Meer zurückgebracht „als wären wir keine Menschen“, erzählten mir dort viele Flüchtlinge.
Wir waren damals fünf Tagen in der Türkei geblieben. Unser nächstes Ziel war also Griechenland. Am Tag der Flucht wachten wir auf und gingen nach draußen, um auf den Mann zu warten, der uns fortbringen sollte. Der Mann kam mit einem kleinen Lastwagen. Was er gemacht hat, war illegal, aber wahrscheinlich hatte er auch Geldsorgen. Sowie wir im Fahrzeug saßen, fuhren wir auch schon los. Wir waren über zwanzig Menschen im Kleinlastwagen. Es war zu eng und wir saßen in vollkommen abgeschlossenem Raum, damit die Polizei uns nicht sehen konnte. Im Lastwagen waren viele Kinder. Die haben viel geweint. Man konnte fast nicht ein- und ausatmen. Schrecklich !
Wir fuhren ungefähr 50 Kilometer bis zur der griechieschen Grenze. Im Wagen wären wir fast erstickt, aber niemand von uns hatte an Tod gedacht, sondern nur ans Überleben. Als wir endlich an der Grenze ankamen, fühltn wir uns erleichtert. Jetzt bereiteten wir uns darauf vor, das Schlauchboot zu besteigen. Hier begann das wahre Abenteuer: entweder ertrinken wir im Meer oder überleben und können weiterleben.
Jemand von den Leuten sagte:“ Wir werden alle krepieren.“
Jemand anderes sagte:“ Sag so was nicht wir werden alle überleben!“
Am Strand warteten bereits auf 300 Menschen sechs Schlauchboote, um die Menschen zu der griechieschen Insel Lesbos zu bringen. 50 Menschen wurden in ein Boot gewiesen, das tatsächlich nur für 35 vorgesehen war. Das Boot hatte einen Motor; einer der Flüchtlinge erhielt von den Schleusern einen Crashkurs, wie es zu steuern war. Es wurde uns gezeigt, in welche Richtung wir fahren sollten. Dann, um acht Uhr Morgens ging es los. Es sollte für mich das gefährlichste Erlebnis der Flucht werden. Zwei Stunden auf dem Wasser, und ich kann kaum schwimmen. Wir haben uns Rettungswesten gekauft.
Etwa zweieinhalb Stunden später erreichten wir ein Flüchtlingslager in der Stadt Mitilini. Dort haben wir Verpflegung erhalten, anschließend hieß es Schlange stehen, um die nötigen Papiere zur Weiterreise zu bekommen. Nach einem Tag konnten wir ein Schiff besteigen, das uns in 11 Stunden nach Athen bringen sollte. Nach langer Zeit sind wir endlich in Athen angekommen. Das nächste Ziel war Mazedonien. Ab der grichieschen Hauptstadt reisten wir weiter reibungslos per Zug nach Thessaloniki, von wo aus es nicht mehr weit bis zur mazedonischen Grenze war. Und Helfer des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds versorgten uns im Grenzbereich nicht nur mit Essen und Getränken, sondern wiesen mitunter auch den Weg.
Die Fluchtrouten waren inzwischen allseits bekannt. Durch Mazedonien ging es in überfüllten Bahnwaggons bis zur serbischen Grenze. Viele standen auf den Gängen und in Abteilen, die für sechs Personen vorgesehen waren, zwängten sich bis zu zwölf Leute. An Serbien hatte ich keine guten Erinnerungen. Es gab damals nur ein Registrierungsbüro für 500 Menschen. Das bedeutete Warten und auf der Steaße übernachten. Mit den Flüchtlingspapieren in der Tasche konnten wir im Bus nach Kroatien und vergleichsweise angenehm schlafen. In Kroatien und Slowenien erlebten wir viel Hilfsbereichschaft. Ebenso wie in Wien, wo wir am Bahnhof von arabischsprachigen Freiwilligen empfangen wurden. Per Zug führten uns die Reise weiter nach München und von da aus in ein Aufnahmelager dessen Name ich vergessen habe. Nach etwa 15 Tagen Reise waren wir schließlich in Deutschland. Jetzt gehe ich in Hamburg, St. Georg zur Schule.
Hier fühle ich mich sicher.