Sameer Noorullah Rashidy
Die besten Texte der "Newborn Poets" aus dem Workshop im Kunstverein zur Ausstellung "Klassenverhältnisse - Phantoms of Perception" - Januar 2019
Vielleicht ist es auch ganz anders oder Platzhalter für tausende Soldaten
Ich habe mir die Fotografie von einem amerikanischen Soldaten ausgewählt. Auf dem Bild sehe ich einen jungen Mann, der eine Militäruniform trägt. Unter der Jacke trägt der kurzhaarige Soldat sowohl ein weißes Hemd als auch eine schwarze Krawatte, alles perfekt gestylt. Als Zeichen des Erfolges sehe ich an der Jacke verschiedene Orden und auf den Schultern trägt er die Abzeichen seines Dienstgrades. Sein Name ist Manning, das verrät ein angestecktes Schild.
Im Hintergrund des Bildes sieht man die amerikanische Flagge.
Im ersten Moment hat mich das Bild inspiriert, weil ich einen erfolgreichen Mann gesehen habe, der sehr stolz ist.
Seine Biografie könnte so aussehen: Noch bevor er 1987 geboren wurde, starb sein Vater im Krieg und seine Mutter flüchtete schwanger nach Amerika. Es folgten schwere Zeiten und seine Mutter erzählte ihm, als er klein war, wie sein Vater unschuldig getötet wurde. Er entschied sich, für eine bessere Welt und Freiheit zu kämpfen. Schon als kleiner Junge wollte er darum Soldat werden. Er war sehr fleißig in der Schule und verlor niemals sein Ziel vor Augen. Nach dem Schulabschluss bewarb er sich dann auch gleich bei der Armee. Obwohl er sehr intelligent war, fiel er durch die Aufnahmeprüfung, weil er körperlich sehr schwach war. Aber er gab nicht auf und fing an, sehr hart zu trainieren, bis er endlich nach 3 Jahren die die Prüfung bestand. Durch seinen unglaublichen Fleiß, schaffte er es in kurzer Zeit einen hohen Dienstgrad zu erreichen. Im Jahr 2016 ging er als leitender Soldat für die sogenannte Friedenstruppe in ein Kriegsland. Endlich war es so weit, dass er die Chance bekam seinen Traum zu erfüllen und für den Frieden zu kämpfen- Es folgte ein Jahr Krieg und Momente, die er sein Leben lang nicht vergessen würde. Hungernde Kinder, unschuldig getötete Menschen, überall Angst und Verzweiflung.
Irgendwann bemerkte er, dass er sogar von den Einheimischen gehasst wurde und überall begegnete man ihm mit Misstrauen. Es gab plötzlich keine Grenzen mehr zwischen Gut und Böse und jeder versuchte nur irgendwie klar zu kommen oder zu überleben. Er fühlte sich sehr schlecht und hatte das Gefühl der Grund für tausende getötete Menschen zu sein, denn oft waren die Soldaten beteiligt, wenn Menschen starben. Darum entschied er sich diese Information an höhere Stellen weiterzugeben.
Aber niemand interessierte sich dafür, weil jeder nur auf seinen eigenen Vorteil achtete.
Es traf ihn hart, als er merkte, dass er nur ein Werkzeug war, um ein geplantes politisches Projekt auszuführen. Die Erkenntnis, dass er die Person geworden war, gegen die er als kleiner Junge kämpfen wollte, traf ihn wie ein Schlag.
Nun sehe ich auf dem Bild einen jungen Mann der sehr traurige Augen hat. Er lächelt ein wenig, damit keiner merkt, wie schlecht es ihm geht. Ganz leise, wenn er Manning ist und nicht der erfolgreiche Soldat, weint er um die vielen getötetem Menschen.