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Mission Haarschnitt

Ole Stoldt

Die glücklichen Gewinner des Schreibwettbewerbs „Leben in der Quarantäne“. 

Jede*r Gewinner*in erhält einen Buchgutschein über 40 Euro.


Mein Name ist Ole. Ich bin 10 Jahre alt und gehe in die 4. Klasse.

 

Meine Familie geht etwa alle sechs Wochen zum Friseur. Zusammen mit meiner Schwester und meinem Vater gehe ich zum Friseur Team Freese. Der Friseur ist in Hamburg, aber ganz dicht bei Rellingen, wo ich wohne. Wenn ich mich auf die Straße vor dem Frisiersalon stellen würde, könnte ich mit einem Bein in Rellingen und mit dem anderen Bein in Hamburg stehen.

 

Meine Mutter geht zu einem anderen Friseur, zu Overmann Frisuren. Leider geht das jetzt nicht mehr, denn wegen des Corona-Virus haben nicht nur viele Geschäfte geschlossen, sondern auch alle Friseure. Meine Haare wachsen aber trotzdem weiter.

 

Ich habe eigentlich keine besondere Frisur. Beim Friseur sagt Papa: Bitte kürzer und Ohren frei. Zuletzt war ich vor etwa acht Wochen beim Friseur. Da wurden mir nicht nur die Haare geschnitten, sondern auch eine von uns gekaufte Perücke für Fasching in der Schule. Eigentlich wollte ich mich als Harry Potter verkleiden. Weil sich aber schon drei andere Klassenkameraden auch als Harry Potter verkleiden wollten, bin ich als Ron Weasley gegangen. Ron Weasley hat ziemlich lange Haare im Vergleich zu mir und außerdem sind sie rot (meine Haare sind kastanienbraun).

 

Nach acht Wochen ohne Friseur waren meine echten Haare zwar noch nicht ganz so lang wie die von Ron. Trotzdem haben wir überlegt, wie wir die Haare ohne Friseur schneiden könnten, auch weil es keine so schöne Osterfrisur war.

 

Da fiel meinem Vater ein, dass wir im Keller noch den alten Langhaarschneider haben müssten. Er hat den Keller durchforstet und den Apparat schließlich gefunden. Dann haben wir angefangen, meine Haare im Badezimmer zu schneiden. Ich habe mich auf einen Hocker gesetzt. Ich hatte natürlich keinen Friseurumhang, sondern nur ein Handtuch um.

 

Dann hat mein Vater die Maschine genommen. Vorher musste sie geölt werden weil sie sehr lange nicht benutzt wurde. Die Maschine hat so Aufsätze, mit denen man wählen kann, wie kurz die Haare werden sollen. Mein Vater hat angefangen, meine Haare hinten mit einem kleinen Aufsatz zu kürzen. Den untersten Teil mit den feinen Nackenhaaren hat er dann ohne Aufsatz rasiert. Davon wurde mein Nacken ein bisschen blutig und es tat ganz schön weh. Ich musste sogar ein bisschen weinen.

 

Da es mit dem Langhaarschneider so doll weh tat, hat mein Vater seinen Rasierapparat genommen, der hat nämlich dünnere Messer. Wenig später waren der Nacken und die Seiten kürzer und die Ohren freigeschnitten.

 

Dann gab es ein neues Problem. Mit dem Langhaarschneider wollte ich auf keinen Fall ein Loch in die langen Haare oben auf dem Kopf geschnitten bekommen. Außerdem wollte ich nicht aussehen wie ein Stoppelfeld. Deshalb brauchten wir eine Schere. Doch es waren weder eine Schere noch ein Kamm zu finden, nur Bürsten. Meine Mutter hat überall gesucht. Es hat bestimmt 10 Minuten gedauert bis sie endlich einen Kamm und eine kleine Stoffschere gefunden hatte, die scharf genug zum Haareschneiden war.

 

Als es dann losgehen sollte, hatte mein Vater Angst, dass er meine Frisur kaputtmachen könnte. Mein Vater kann nicht so gut Haare schneiden, er schneidet sonst nur die Hecke. Zum Glück ist meine Schwester Hanna handwerklich sehr begabt und konnte mir dann die Haare oben auf dem Kopf mit der Stoffschere schneiden. Wenig später war ich fertig frisiert. Mit dem Ergebnis war ich ganz zufrieden. Allerdings gehe ich beim nächsten Mal lieber wieder zum echten Friseur. Das geht schneller und es ist sicherer, dass man dort nicht verletzt wird.

 

Auf einem der Friseurwagen bei Team Freese klebt ein Aufkleber, auf dem steht „was Friseure können können nur Friseure“. Dem Motto schließe ich mich an.

 

Ole Stoldt, 10 Jahre